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Autor Thema: Maria in Japan - 2018  (Gelesen 6386 mal)
Maria
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« Antworten #15 am: 14. März 2018, 15:57:49 »

Mittwoch, 14.3.  Rakuten und Depachika
Der Morgen beginnt mit dem Check der Rakuten-Bestellungen, weil ich hoffe, dass ich schon bezahlen kann – ich habe die Bezahlmöglichkeit „Beim lokalen Konbini“ gewählt. Aber noch gibt es dazu keine Bestätigung.

Um 8:00 kommt Chiharu die Treppe hoch, um zu schauen, wo ich bleibe, denn die letzten Tage hatte ich immer früher gefrühstückt. Das war aber auch, weil ich die Sache mit dem Ticket regeln musste, eigentlich muss ich gar nicht so früh aus dem Haus, vor allem, weil ab 8:40 die Bahnen deutlich leerer werden.

Egal, ich esse also schnell was und packe meine Joggingsachen ein, weil ich für den Nachmittag eine alternative Option haben will, falls der kostenlose Kurs wieder ausfällt. Aber Jan-Ole lässt sich breitschlagen, daher sind wir mit zwei Personen genug und auch der Ausflug am Sonntag wird mit den drei Deutschen als Teilnehmenden stattfinden.

Nach der Schule begleite ich Jan zu einem Teeladen im Untergrund-Shoppingviertel Tenjin-Chikagai, kaufe Tee für Hieu und dann versuchen wir noch, in den Depachika (unterste Etage von Kaufhäusern, aka. Lebensmittel aka. Gourmet-Tempel) anderen Tee zu finden – ohne großen Erfolg, stattdessen kaufe ich Mitbringsel. Wenn ich Millionärin wäre, würde ich mich einmal quer durch die perfekt aussehenden Essensangebote hier unten fressen...

Beim Bookoff versuche ich, ein weiteres Mitbringsel abzuhaken, Anime-Merchandise, aber so einfach ist das nicht, die Serie ist wohl schon zu „alt“ (aka. mehr als ein halbes Jahr nicht mehr im Fernseh gelaufen).

Zum krönenden Abschluss gehen Jan-Ole und ich zum berühmten Ramen-Restaurant Shin-Shin. Wir passen genau den Moment ab, wo es keine Schlange gibt, aber beim Anblick der Riesenschüssel Nudelsuppe bereue ich den Kauf des Bentos in der Mittagspause – vor allem, weil es abends bei den Matsuos auch noch Essen gibt.

Ich merke aber, dass ich kein totaler Ramen-Fan bin. Ja, die Brühe ist lecker und es gibt unendliche Variationen. Ja, es ist billig und sättigend. Aber: Mir schmecken andere Gerichte deutlich besser.

Der kostenlose Kurs heute ist passenderweise über das Thema „Nützliche Ausdrücke für Restaurants“ und wird wie immer von Herrn K. gehalten (heute mit Yoda-T-Shirt und mit bunten Socken über bunten Turnschuhen). Ich verlese mich peinlicherweise mehrfach und hoffe, dass Jan-Ole nicht zu sehr vom Level abgeschreckt ist. Mir ist es zu einfach, ihm zu schwer...

Ich schaffe es, genau meine Zeitabschätzung von „Bin um 19:20 zuhause“ einzuhalten – aber werde vor dem Haus aufgehalten: Juhuu, eine Katze! Und zwar wie ein Zeichen des Himmels und wie eine Bastet-Statue auf der Eingangspforte zu den Matsuos sitzend. Natürlich kriegt sie Futter von mir. Sie macht diese „Nja, nja“-Redegeräusche beim Essen, sowas kenne ich eigentlich nur von Youtube.

Kota riecht beim Reinkommen das Katzenfutter und schleckt mir die Hände ab. Das Abendessen heute ist der normale Salat wie auch beim Frühstück, Curry mit Reis und wieder Knorpelhähnchen. Bin pappsatt, aber noch nicht so im Essenskoma, dass ich nicht auf Japanisch die Anfragen der Rakuten-Händler beantworten kann.

Einen der Artikel kann ich schon beim 7-11-Konbini die Straße runter bezahlen gehen, die Karpfenflaggen schicken erst eine Bestätigung.

Der Abend endet mit der obligatorischen Dusche und Tee gegen den kratzenden Hals.
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« Antworten #16 am: 15. März 2018, 12:45:38 »

Donnerstag, 15. März: Sprach-Tandem
Na toll, der kratzende Hals hat sich trotz einer Aspirin am Vorabend zu einer kompletten Erkältung entwickelt, mein Hals tut weh, meine Nebenhöhlen sind zu und ich verspüre in unregelmäßigen Abständen Hustenreiz, daher geht es heute mit Schal zur Schule.  Hier schnieft aber momentan auch fast jeder, was ein Seuchenherd.

Ich nutze jede Pause, um mehr heißen Tee zu machen und lutsche Hustenbonbons. Was mir heute auffällt, ist, dass es doch nicht so gut ist, wenn die Lehrkräfte nur Japanisch sprechen können/wollen – eine der Grammatikerklärungen im Unterrichtsmaterial ist nicht wirklich ausführlich genug, aber die Kommunikation zwischen mir und Frau M. misslingt, weil sie nicht versteht, worauf ich hinaus will und ich nicht, was sie mir erklären will. „Aufgeklärte Einsprachigkeit“ hat doch Vorteile.

Nach der Schule gehe ich sofort vor die Türe und warte auf meine Sprachpartnerin Y. Wir schlendern zum Parco und verbringen 3 Stunden in einem Backwaren-Cafe (zu teuer für meinen Geschmack), aber immerhin kann man hier sitzen bleiben, da es nicht voll ist. Sie will Fluglotsin werden und muss dafür den staatlichen Test bestehen. Ein Teil der Prüfung ist Englisch (logisch bei dem Job), daher besteht sie auf Konversation, auch wenn ihre Grammatik zu wünschen übrig lässt. Ich wäre im Anschluss gerne noch am Nakasu-Ufer zu einem der Essensbuden (Yatai) gegangen, aber da sind gar keine, daher trennen wir uns nach kurzem Stadtspaziergang (mit ersten blühenden Kirschbäumen) in der U-Bahnstation. Mal schauen, ob sie sich nochmal meldet.



Ich bin vor 19:00 zurück in Nishijin und nutze die frühe Stunde, um endlich mal nach rechts in die hell erleuchtete Shoutengai (Einkaufsstrasse) abzubiegen. Sehr lang, aber wenig Geschäfte, die mich reizen, bis auf einen Teeladen und ein paar Restaurants, aus denen Essensduft auf die Straße schwebt. Vor allem aber viele Pachinko-Hallen (Glücksspiel).

Ich kläre mit Chiharu die Pläne für die nächsten Tage und den Feiertag in der nächsten Woche ab, dusche und gehe sehr früh ins Bett, um mich auszukurieren, weil ich keinen Bock habe, richtig krank zu werden!
« Letzte Änderung: 19. März 2018, 13:03:55 von Maria » Gespeichert

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« Antworten #17 am: 16. März 2018, 15:46:39 »

Freitag, 16.3.  Krankheits-Tag
Ich wache auf, weil mir zu warm ist. Uh-oh, ist das der erste Anflug von Fieber? Auf jeden Fall sind meine Nebenhöhlen jetzt auch zu und meine Nase läuft. Meine Gastmutter gibt mir eine dieser weißen Mundschutz-Masken für die U-Bahn mit. Sie meint, ich solle so eine Maske auch beim Schlafen tragen, damit meine Kehle nicht austrocknet. Komme mir damit ein bisschen blöd vor und mich nervt das vor dem Mund, aber ich verstehe den Sinn dahinter, denn in der Schule schniefen und husten jetzt alle - wenn man so nahe aneinander sitzt in den kleinen Räumen und die kranken Lehrer keine Maske tragen, ist klar, dass sich das schnell verbreitet.

Ich bin froh, als Frau U. sagt, dass es ihr egal wäre, wenn die Studenten Taschentücher verwenden – normalerweise ziehen Japaner die Nase hoch. Ergo: Maria nutzt jede Pause, um sich die Nase zu putzen.

Richtig konzentrieren kann ich mich heute im leicht benebelten Zustand nicht, vor allem nicht beim Nachmittagsunterricht für ein Thema wie „wake“ - aka. der Ausdruck mit den tausenden Bedeutungen. Zumindest mein Appetit ist nicht beeinschränkt, ich esse Reste (Nigiri von morgens, Rest des Brots, Tomaten und zum Nachtisch Müsli).

Der eine Deutsche, Stefan, hat heute seinen letzten Tag und muss wie jeder vor der Übergabe des Zertifikats eine Abschiedsrede halten. Er redet viel zu schnell und undeutlich – aber ich hätte ihn eh als eher socially awkward eingeschätzt.

Auf dem Nachhauseweg kaufe ich in der Apotheke Erkältungsmedizin (laut Internetrecherche soll die deutlich schwächer dosiert sein als das deutsche Äquivalent) und mehr Gesichtsmasken, für umgerechnet 15€. Zuhause angekommen, haue ich mich sofort ins Bett.

Um 18 Uhr wache ich kurz vorm Wecker-Alarm von Kotas Jaulen auf, Chiharu scheint zwischenzeitlich das Haus verlassen haben, sie kommt mit Nobutaka um 18:30 und Einkäufen zurück.

Ich bin wirklich sehr froh, dass sie heute als Abendessen Mizutaki ausgewählt haben – ein weiteres Nabe-Gericht, diesmal Hühnereintopf mit Gemüse. Zusammen mit der Ponzu (Zitrus)-Soße ist die heiße Brühe genau das richtige für mich.  Lecker!

Während des Essens klingelt der Lieferservice. Er hatte vorher versucht mich anzurufen, aber ich vergesse immer, das Handy wieder laut zu stellen. Das Karpfenflaggen-Set entpuppt sich als riesige Box, aber zu meinem Erstaunen liegt keine Rechnung bei – ich habe also die Ware erhalten, ohne bis jetzt dazu zu bezahlen. Wth?

Zumindest habe ich eine Email, die mir sagt, dass der Bezahlvorgang an eine Geldsende-Firma übergeben wurde. Laut meinen Gasteltern werde ich wohl auf die offizielle Rechnung warten müssen.

Ich fange an, alle Mitbringsel zu ordnen und so aufzuteilen, dass sie möglichst unter dem Zollfreibetrag bleiben – das wird bei dem Karpfenflaggen-Set auf jeden Fall nicht funktionieren.

Brav nehme ich die zweite Pillendosis und ärgere mich etwas über meinen Körper, weil ich eigentlich den Samstag für einen Ausflug z.B. nach Yome oder Nagasaki nutzen wollte – oder nochmal an den Strand zum Joggen und ins Schwimmbad – aber mit der Erkältung wird daraus nichts, ich will auf jeden Fall am Sonntag auf den Schulausflug mit und bin jetzt lieber vorsichtig.

Alternativ-Plan für morgen: Letzte Mitbringsel besorgen, Zollerkärungen im Konbini von USB ausdrucken (meine Gasteltern sind erstaunt, dass es diese Option geben soll) und Post verschicken gehen.
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« Antworten #18 am: 17. März 2018, 11:54:48 »

Samstag 17.3. Zweiter Krankheitstag
Ich schlafe bis 9:30, aber beim Aufwachen brummt mein Kopf immer noch und ich ärgere mich über mich selber, ich habe vor lauter Kranksein die Anmeldung für das 5km-Rennen in Miyajima verpasst, die ging nur bis Freitag Abend. Also doch kein Laufevent unter blühenden Kirschbäumen, dammit!

Frühstück ist heute sehr Milchprodukt-lastig, mit Yakult, Milch auf Zucker-Cornflakes, Joghurt und Toast mit Butter.

Das Wetter ist wieder gut genug, um die Futons zum Lüften heraus zu hängen, ich staubsauge und sortiere und wiege alle Mitbringsel. Nach etwas Internetrecherche komme ich zu der Erkenntnis, dass es günstiger ist, alle Mitbringsel außer denen für Anna, Momoko und den verderblichen Süßigkeiten im zweiten Koffer zu lassen und diesen Koffer von der Gastfamilie nach Tokyo zu meinem letzten Aufenthaltsort vor dem Abflug schicken zu lassen – mit dem Gepäcklieferdienst Kuroneko Yamato (die mit der schwarzen Katze).

Dann brauche ich mir auch keinen neuen Koffer zu kaufen und in meinen schwarze Koffertasche passt auch der Reiskocher rein.

Viel mache ich sonst nicht, weil die Post heute zu hat.

Ich spaziere zum Supermarkt und kaufe dort Bier für Nobutaka und Saft für Chiharu (habe mir ihre Lieblingsmarken gemerkt – irgendwie muss ich mich für den Starbucks-Becher revanchieren, laut Internetrecherche hat der mindestens 25€ gekostet, uwaaaaah!). Mal wieder enttäuscht, den Rucksack nicht mitgenommen zu haben, weil vor einem Garagentor eine dreifarbige Katze in der Sonne döst. Überlege, dass die Mundschutz-Masken etwas Gutes haben: Man sieht meine Pickel nicht...

Zum Abendessen gibt es die Reste des Mizutaki als Risotto plus gebratenem Lachs, Würstchen und Senfblatt-Tsukemono. Und das zweite Kartenspiel wird geliefert, während wir am Tisch sitzen.

Ach ja, der Hund hat besitzergreifend meine Schuhe angepinkelt – im Schuh drin steht eine Mini-Pfütze Pisse. Seufz...

Erkenntnis des Tages: Ich muss den Film Hentai Kamen sehen! Ich dachte ja, das wäre der totale B-Movie, aber die Schauspieler sind bekannte Größen.



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« Antworten #19 am: 18. März 2018, 01:00:10 »

Sehr cool! Götz fliegt am 28. du kannst ihn auch per Mail kontaktieren, wenn du magst. Ich fliege am 28.4. hinterher für zwei Wochen!
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Oh schau mal, ein neuer Drohbrief... nur für mich - wie lieb!<br /><br />Neo über die Haus-Luft-Mädels:<br />Wir sind die Girlies!<br />wir könnten die high school cheerleader sein!<br />und der Quaterbeck mit dem du zusammen bist ist Darian
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« Antworten #20 am: 18. März 2018, 14:18:34 »

Yeeha! Also ist Götz auch schon Anfang April in Japan? Ich habe nur seine Email-Adresse nicht. Am 28.4. bin ich leider schon wieder in Deutschland.
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« Antworten #21 am: 18. März 2018, 14:21:26 »

Sonntag, 18.3. Nanzouin
Hatte den Gasteltern angekündigt, um 8:30 aufzustehen. Das ist kurz bevor Nobutaka auf sein Motorrad steigt und „ausreitet“, aber ich will so früh raus, weil ich in der Apotheke stärkere Medizin holen will (scheitert, ist Sonntags nicht auf) und weil ich noch ins Einkaufszentrum will, bevor mir jemand Ellis Mitbringsel vor der Nase weg kauft.

Auf dem Weg zur Schule fällt mir auf, dass ich jetzt zuwenig Geld habe, um den Ausflug (3000 Yen) zu bezahlen, also renne ich noch zum 7-11 und bin genau zur vereinbarten Zeit vor der Schule. Alex fährt mit seinem Mini-Van vor und wir steigen zu fünft ein (Christian, Jan-Ole, ich, vorne Alex und Kanna).

Alex fährt über Nicht-Maut-Straßen, daher dauert es länger als Google angegeben hatte. Auf dem Weg hat ein Auto vor uns einen "Just do me"-Sticker, ob der Fahrerin der doppelte Sinn bewusst ist?

Bereits von der Straße kann man den Kopf des liegenden Buddha (Nehanzou) sehen. Ich bin etwas erstaunt, dass das Parken hier kostenlos ist, nur der Eintritt zur Urnenkammer kostet und ist nicht nötig, wenn man nicht zur Andacht hier ist. Der Buddha-auf-der-Schwelle zum Nirvana ist wirklich groß, größer als die Freiheitsstatue und ein beliebtes Selfie-Motiv. Ich nehme mir meine „Dosis Glück“ mit (bunte Bänder angrabbeln, die der Buddha in der Hand hält, Buddha-Fußsohlen berühren), versage aber kläglich beim „Federball in Glücksbox-Werfen"-Orakel und tröste mich mit einem Softeis.


10 Minuten Buddha-Bestaunen reichen für mich, daher bin ich froh, als wir weiter gehen. Ein wenig erinnert mich Nanzouin an einen buddhistischen Vergnügungspark, komplett mit Höhlen, Askese-Wasserfall, Tunnel, Felskriechgängen, Inari-Schreinchen, Maneki-Neko-Statue, Koi und Schildkrötenteich.

Die Gebäude sind sehr modern, was sich aber erklärt, als ich im Internet lese, dass der liegende Buddha 1995 vollendet wurde. Der Tempel ist der Haupttempel der Shingon-Sekte auf Kyuushuu und das Gelände nimmt eine ganze Bergseite ein – ich wäre gerne noch weiter hoch geklettert, es gab einen steilen Pfad, der mitten in einen alten Bambuswald führte.  

Alex fragt, ob wir sofort essen wollen oder lieber vorher noch mehr Besichtigung. Bin voll für letzteres, daher fahren wir zum Sasaguri no Mori, ein Wald rund um einen (sehr grünen) See. Im Herbst soll es hier sehr schön sein, aber jetzt ist es halt ein Wald um einen See – und irgendwas stinkt die ganze Zeit, keine Ahnung, ob das der aufgeweichte Bodenbelag des Wanderwegs oder das Seewasser ist. Aber die wie Mangroven im Wasser stehenden Sumpfzypressen sind interessant, sie sollen wohl auch Inspiration für eine Szene in „Mononoke-hime“ gewesen sein – allerdings sind sie nicht ursprünglich japanisch, sondern aus Nordamerika eingeführt.



Zum Essen gehen wir zu Joyfull, ein Family Diner – ein günstiges Restaurant mit verschiedenen Menüs. Ich wähle ein Hamburger-Set (die japanische Version ist basically eine riesige Frikadelle mit süß-saurer Soße) – das ist soviel, dass ich den Rest fürs Abendessen in meine Tupperdose packe.

Alex lässt uns vor der Schule raus, Christian hat keine Lust, mit uns ins Animate  (Riesenshop für Manga und Animenerds) zu kommen und wir gehen alle unserer Wege. Der Animate ist laut und voll (sehr viel weibliches Publikum, die Läden haben ihr Zielpublikum erweitert), lange bleiben wir nicht, sondern genehmigen uns stattdessen in der „Mampf-Etage“ aka. dem Untergeschoss japanische Harajuku-Style-Crepes und spazieren stattdessen Richtung Canal City.

Da Jan-Ole seine Krankheit bis jetzt nicht wirklich mit Medikamenten bekämpft hat, aber darüber klagt, in der vorigen Nacht nicht geschlafen zu haben, schiebe ich ihn in eine Apotheke. Der Apotheker spricht uns auf Englisch an (und bestätigt damit mein Wissen, dass richtig ausgebildete PTAs in Japan viel Englisch gelernt haben müssen) und empfiehlt Medikamente und mir noch Lutschbonbons gegen den Reizhusten.  Teures Vergnügen, aber ich will die blöde Erkältung endlich los werden.

Canal City ist für Jan vor allem Foto-Motiv (samt Wassershow), aber wir finden kein wirkliches Teegeschäft, daher verlassen wir die Mall nach einem Foto vom Dach und nach meiner Empfehlung  laufen wir zur Hakata Station, die ich heute zum ersten Mal von außen sehe, samt LED-Wald, Riesen-LED-Bildschirm und Haupteingang. Im Dachgarten sitzen jetzt, als es dämmert, keine Kinder mehr, sondern nur noch Ausflügler – Sonntags ist Shopping-Mall- und Restaurant-Zeit.



Leider zeigt Jan-Ole bei vorsichtigem Vorfühlen, ob er noch bei den Yatais (Essensbüdchen) sitzen bleiben will, kein Interesse – aber da sind tatsächlich Schlangen vor und ich habe ja auch noch meinen Hamburger, daher geht es für uns beide nach Hause.

Juhu, ich glaube, die Katze hat nur auf mich gewartet, sie sitzt diesmal auf der Gartenlaterne, ein dunkler Blob-Umriss auf einem Lichtball, was wirklich lustig aussieht. Sie kriegt natürlich Futter von mir!

Nachdem ich die letzten zwei Tage nicht geduscht habe (das empfehlen hier sogar Ärzte Erkältungspatienten...) hüpfe ich jetzt unter die Brause und esse dann meine Reste.

« Letzte Änderung: 19. März 2018, 13:07:39 von Maria » Gespeichert

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« Antworten #22 am: 19. März 2018, 13:25:24 »

Montag, 19.3.  Post
Das neue Medikament scheint wirklich stärker zu sein, meiner Nase geht es etwas besser. In der Schule sind zwei neue Schüler angekommen, beides Deutsche, einer von beiden wird bei mir in der Gruppe sein, G. Physiker, der bei einer Firma arbeitet, die Industriemagnete herstellt. Vom Level her richtig, aber ziemlich laut und extrovertiert.

Der Nachmittagsunterricht macht auch heute keinen Spaß, ich habe Kopfschmerzen und bin mir auch sicher, dass das, was Frau M. gerade versucht (Kopien von ganz vielen neuen Grammatikpunkten austeilen und dazu sofort nach dem Durchlesen Übungen machen) nicht funktionieren kann, daher bitte ich am Ende der Stunde darum, am nächsten Tag einfach nochmal Verbformen zu wiederholen.

Mache einen Treffpunkt mit Jan-Ole für den nächsten Tag (Yatai, zweiter Versuch) aus, G. lehnt die Teilnahme höflich ab, weil ihm das Sitzen unter freiem Himmel im März noch zu kalt wäre. Das Wetter heute ist aber echt nicht so toll, Temperatursturz von 10° und Regen. Regenschirme sind nix für Maria, ich vergesse Chiharus Schirm immer und muss dann zurücklaufen.

Plan für heute: Alles zur Post bringen, das ist ganz um die Ecke. Chiharu kommt mit, sie hat auch ein großes Paket unterm Arm, wahrscheinlich eine Retoure. Es tut mir leid für sie, aber bei mir dauert es etwas, bis ich die ganzen Zollerklärungen und Adress-Aufkleber ausgefüllt habe.
Zum Abendessen gibt es Resteverwertung, Natto (schmeckt mir diesmal nicht, ist wohl eine ältere Version) und winzige Sojasaucen-Fischchen (erstaunlich lecker). Nur verschmähen meine Gasteltern die Schokoladenhäschen, die ich auf den Tisch gestellt habe – Süßigkeiten-Verweigerung?
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« Antworten #23 am: 21. März 2018, 15:49:52 »

Dienstag, 20. März  Causing a scene
Immer noch erkältet... In der Schule fühle ich mich wieder, als ob ich in Watte stecken würde und inzwischen sind leichte Ohrenschmerzen dazu gekommen. Hmm, ab welchem Punkt soll ich zum Arzt gehen? In Deutschland wäre ein Erkältung längst weg nach sovielen Tagen.

Habe mich mit Jan-Ole und Christian zum Abendessen verabredet, aber erst um 18 Uhr, da ich eigentlich zu den Yatais (Essenbüdchen) gehen will.

Nach der Schule laufe ich noch etwas durch Tenjin Chikagai, bestaune wie immer die Klamottenkombinationen (Farben und Schnitte, die ich nicht mischen würde, die aber seltsamerweise doch gut aussehen, nur leider alles viel zu klein) und lächele über die wie Tortendeko aussehenden BHs der Wäscheläden (pastellfarben, alles mit Spitze und Rüschen und natürlich mindestens 5cm dicker Polsterung).

Dann fahre ich zum Hauptbahnhof Hakata, um meine ersten Zugreservierungen zu tätigen. Ich stehe 35 Minuten an, weil vor mir eine ganze chinesische Reisegruppe Zugpässe kauft. Ich reiche der Angestellten am Schalter meinen Reisepass, das Formular mit den gewünschten Zugverbindungen und das Rail Pass Booklet. 

Sie fragt mich (auf Englisch), ob ich einen Rail Pass kaufen will. Ich: „Nein, ich habe schon einen, ich will Sitzreservierungen vornehmen.“

Sie: „Das geht nicht. Bitte kaufen Sie einen Pass.“ Ich: „Häh?? Warum das denn?“

Sie: „Sie haben keinen Rail Pass.“ Ich: „Aber ich bin doch vor einer Woche hier gewesen und ihre Kollegin hat meinen Reisepass und den Coupon gecheckt und mir das hier [zeige auf Booklet] gegeben.“

Sie: „Das ist kein Rail Pass.“ Ich: „Wie bitte?? Was soll das denn sonst sein?.“

Sie: „Das ist kein Rail Pass. Sie brauchen einen Gutschein.“   Ich: „Aber den habe ich doch letzte Woche schon dabei gehabt und ihre Kollegin hat mir das hier gegeben, als ich ihr meinen Gutschein und Pass gezeigt habe. Gleiche Uniform, gleicher Schalter.“  [So langsam werde ich wütend]

Sie: „Das ist aber kein Rail Pass. Möchten Sie jetzt einen Rail Pass kaufen?“  Ich: „Nein, ich habe den in Deutschland doch schon bestellt und und bezahlt. Ich dachte, das hier ist der Rail Pass?!“ 

Sie: „Nein, das ist kein Rail Pass. Sie brauchen ein Ticket.“

[Da ich mit Englisch nicht weiter komme und langsam verzweifele, wechsele ich zu Japanisch]: Ich: „Ich bin extra letzte Woche hier gewesen und habe Ihrer Kollegin alles gezeigt, sie hat meinen Pass und Coupon überprüft und sie hat mir dann das hier gegeben.“  [Tippe auf das Booklet].

Sie greift nach hinten und zeigt mir einen Kasten voller abgerissener Coupons: „Sie brauchen so was hier, damit sie einen Rail Pass kriegen. Haben Sie sowas nicht?“

Ich [langsam verzweifelt]: „Ja, doch habe ich, habe ich doch schon gesagt. Aber das hatte ich doch schon letzte Woche dabei. Warum habe ich denn jetzt keinen richtigen Rail Pass??“

Jetzt bekomme ich Angst, dass ich meine 500€ wegen der dämlichen Angestellten der letzten Woche verloren habe. Verdammt, und ich war auch noch nett zu der...

Sie: „Keine Ahnung, aber das hier [zeigt auf das Booklet], ist nur ein Antrag auf einen Rail Pass. Das eigentliche Ticket ist der Stempel oder Aufkleber hier drin [zeigt eine von einer Folie abgedeckte Stelle an der Innenseite] .“  Ich: „Okay, dann geben Sie mir das Ding bitte zurück und ich schaue zuhause, ob ich den Coupon noch finde.“

Sie: „Ich kann Ihnen das nicht zurückgeben.“

Ich (verstehe nicht, warum ich das Booklet nicht wieder haben kann, wenn das eh nur ein dummer Antrag ist und darin sind immerhin meine gesamten Kontaktdaten, Passnummer etc.): „Bitte geben Sie mir dann wenigstens den ausgefüllten Antrag zurück.“

Sie: „Nein! Darf ich nicht.“

Ich: „Warum dürfen Sie das nicht? Das ist doch nicht der echte Rail Pass?“ [Verzweiflung]

Sie: „Darf ich nicht.“

Ich: „Ich verstehe das nicht. Und ich verstehe auch nicht: Warum hat die Kollegin mir denn nicht den echten Pass gegeben? Ich habe ihr auf Englisch gesagt, dass ich meinen Coupon eintauschen will.“

Sie: „Weiß ich nicht. Ohne Coupon müssen Sie den Pass neu kaufen. Wollen Sie ihn neu kaufen?“

Ich [deutlich lauter]: „Nein!! Ich habe schon viel Geld dafür ausgegeben und nur wegen Ihrer Kollegin stehe ich heute ohne Pass hier. Geben Sie mir bitte den Antrag.“

Sie: „Nein!“

Ich: „Ich will ihn nur fotografieren, verdammt. Damit ich für das nächste Mal irgendwas als Beweis habe.“ 

Endlich gibt sie mir das Ding und ich fotografiere aus reiner Hilflosigkeit (was, wenn ich jetzt weder Antrag noch Coupon habe, dann habe ich gar nichts mehr in der Hand) die ausgefüllten Seiten vor der offiziellen Datumsanzeige der JR Station und schiebe ihn dann wortlos zu ihr hin.

Extremst frustriert (und halblaut auf Englisch fluchend) verlasse ich den Schalter – und hoffe, dass ich den Coupon nicht weggeschmissen habe, ich kann mich daran erinnern, darüber nachgedacht zu haben, weil ich dachte, der wäre nach Eintrag meiner Daten ins System eh wertlos.

Ich komme deswegen auch noch zu spät zum Treffen mit Jan-Ole und Christian. Der Abend geht suboptimal weiter, das Wetter ist richtig scheiße (peitschender Regen), daher will ich mich mit der Erkältung nicht in ein Yatai setzen (kein wirklicher Wetterschutz) und das Fließband-Sushi-Restaurant ist proppenvoll. Wir irren durch Tenjin, bis wir endlich die Notlösung Yoshinoya (Fleisch-auf-Reis-Schüsselgerichte) wählen.

Ich verabschiede mich von den beiden und beeile mich, nach Hause zu kommen. Zum Glück habe ich den Coupon wirklich nicht weggeschmissen, sondern in die Seitentasche des Koffers getan, aber jetzt ist es zu spät, um zurück nach Hakata zu fahren.

Meine Gasteltern meinen, die Station hätte trotz Feiertag (21. März) am nächsten Tag auf und ich solle einfach morgens hinfahren.

Erkenntnis des Tages: Auch wenn Japaner manchmal so tun, als ob sie alles auf Englisch verstanden haben, lieber nochmal auf Japanisch erklären.
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« Antworten #24 am: 21. März 2018, 16:32:09 »

Mittwoch, 21. März: Shunbun no hi
Heute ist ein nationaler Feiertag, Tagundnachtgleiche, aber die meisten großen Geschäfte haben, wie an jedem Feiertag und Sonntag auch, ab 10 Uhr auf.

Muss wieder so lange in Hakata am Schalter anstehen, aber der Umtausch ist diesmal absolut schmerzlos. Schon in der Schlange schaut sich eine Angestellte den Reisepass mit dem Visum und den Coupon an, gibt mir ein neues Booklet (aka. Antrag) und ich fülle das und das Reservierungsformular aus. Am Schalter gebe ich alles einer anderen Angestellten, der ich sofort auf Japanisch sage, dass ich den Coupon gegen den richtigen Railpass eintauschen will und sie klebt einen Sticker rein mit dem von mir gewählten Startdatum. Dann druckt sie mir die Reservierungstickets aus. Fertig.  Gah! Warum konnte die dumme Kuh vor einer Woche das nicht?

Ich bummele noch durch Hakata Station (Nobelkaufhaus und Shopping Mall inklusive), dann fahre ich mit der U-Bahn zurück nach Westen. Da ich aber erst um vier Uhr wieder zuhause sein muss, mache ich einen Abstecher zum Ohori Park, den ich bei dem Scheißwetter fast für mich alleine habe, die einzigen anderen Spaziergänger sind chinesische und koreanische Touristen.

Am Eingang finde ich als erstes jede Menge Katzen, aber leider gehören die zu einer Obdachlosen-Kolonie, also den typischen aus blauen Gewebeplanen gebauten Dackelgaragen-Haufen, in die ich nicht eindringen will.

Genausowenig will ich die Vorbereitungen auf das Hanami stören, überall werden Absperrungen errichtet und Bäume mit Seil abgezäunt, damit die Leute nicht auf den Wurzeln sitzen. Im Maizuru-Park werden auch schon Jahrmarkt-ähnliche Buden aufgebaut, die wahrscheinlich größtenteils typisches Matsuri (Sommerfest)-Essen bieten werden, sobald es mit der Kirschblüte richtig los geht.
Momentan blühen nur einzelne Bäume – und diese werden von den Chinesen für Erinnerungsfotos belagert.

Von der Burg selbst sind nur die Befestigungen übrig geblieben, ich erklettere sie kurz, staune über die vielen Krähen nahe der Turmspitze und dann gehe ich quer durch den Park, durch das Wohnviertel Jounai (übersetzt etwa: on the castle grounds), dessen Existenz ich immer noch nicht verstehe. Einzelne Häuser auf einem weiten Feld mitten in der Mitte des Ohori-Parks.

Da mein Handy sich über zuwenig Akku beschwert, nutze ich die Gelegenheit und kehre am Rand des Sees in den örtlichen Starbucks ein. Mein von den Gasteltern geschenkter Becher kam mit einem Gutschein für ein Freigetränk, ich nehme dafür einen Matcha Latte. Börks, der ist genauso süß wie in Amiland, warum hält es nicht jedes Land wie in Kanada, wo einen die Starbucks-Angestellten fragen, wieviel Zucker oder Sirup man will?

Außerdem gibt es keine Steckdosen – na toll, dann nehme ich eben den Laptop zum Aufladen meines Smartphones. Als es stärker regnet, wird der Laden auf einmal proppevoll, weil die Chinesengruppe von eben hier Zuflucht sucht.

Über die Landbrücke und dann die Strecke, die ich schon mal gejoggt bin, komme ich nach Nishijin, aber Nobutaka und Chiharu sind beim Einkaufen. Um 16:30 packt Nobutaka Kota ein und Chiharu jede Menge Geschenke und wir fahren zu ihren Eltern. Den Fotos und Erzählungen nach zu urteilen, hat Chiharus Haus schon immer ausländische SuS beherbergt, aus Deutschland, Schweden, den Niederlanden und der Schweiz.

Das Mädchen, das jetzt dort wohnt, Rena aus Hamburg, ist noch Schülerin und für ein halbes Jahr zum Austausch an einer japanischen Highschool. Dafür, dass sie auch erst ein halbes Jahr Japanisch gelernt hat, ist sie nicht schlecht, ihr Englisch auch nicht – lässt sich beurteilen, weil wir uns nicht auf Deutsch unterhalten. Wie immer ist es nicht möglich, bei den Essensvorbereitungen zu helfen, immerhin darf Rena Tee kochen – der ist allerdings sehr dünn geraten. Dann trudeln nach und nach die anderen Familienmitglieder mit eigenen Familien ein und ein Schwede namens Gustav, der vor vier Jahren dort gewohnt hatte und jetzt an der Kansai Daigaku für ein Austauschprogramm ist.

Ich kriege schon wieder ein Geschenk, diesmal ein Mitbringsel aus Disneyland, von der Nichte von Chiharu, Honoka. Bisschen peinlich, dass ich nur Gummibärchen dabei habe.

Es gibt leckeres Sushi, gekochten Bambus aus dem Wald der Großmutter, Karaage und Chawan-Mushi (fluffiges gedünstetes Ei), den selbstgemachten Umeshu muss ich leider wegen der Erkältungsmedizin ablehnen. Gustav sitzt bei den Männern, dort geht es deutlich lebhafter zu als auf der „Damenseite“, wohl auch wegen dem Alkohol. Ich halte mich so stark mit essen zurück, dass ich mehrfach aufgefordert werde, weiter zu essen. Während des Essens wuseln die beiden Dackel Daku und Musashi (taub, halbblind) herum, Kota muss im Korb warten, weil schlecht erzogen und Essen-klauend.

Während Chiharu, die Mutter, die Schwester und die Schwägerin abwaschen, kuscheln wir beiden Deutschen nach dem Essen die Hunde und unterhalten uns, unterbrochen durch Großfamilien-Fotos, pflichtbewusstes Anschauen von Familienfotoalben, Spielen mit den Kindern (Honoka, 15 und Yamato, 5) sowie Kuchen – Chiharus Vater hat Geburtstag, wusste ich auch nicht.

Insgesamt sehr netter Abend, irgendwann wurde auch die Stimmung lockerer, nur endet er bereits um 22:15, alle gehen zur gleichen Zeit. Ich bin froh, dass ich im Gegensatz zu Gustav nicht komplett Lebewohl sagen muss, für Samstag ist ja das Nacht-Hanami im Maizuru-Park geplant, dort werde ich die meisten aus Chiharus Familie wiedersehen.

Wir lassen Gustav noch am Bahnhof Tenjin aussteigen, damit er einfacher zu seinem Hotel zurück findet, der Arme hat kein WLAN, weil sein tragbarer Router nicht funktioniert.

Ich verweigere mich heute erneut der Pflichtdusche – mal schauen, ob ich morgen wirklich zum Arzt gehe oder ob die Erkältung endlich vorbei geht.
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« Antworten #25 am: 22. März 2018, 13:44:52 »

Donnerstag, 22.3. Erledigungen
Mir geht es etwas besser, ich hadere also mit der Entscheidung, ob ich wirklich zum Arzt oder noch warten soll. In der Schule starte ich wie jeden Tag zuerst den Wasserkocher, der wird aber bis zum Unterricht nicht fertig – also leider nur (k)alter Tee im Klassenraum.

Ich lasse mich von den Jungs überreden, in einen normalen Supermarkt zu gehen – ich glaube aber nicht, dass das Essen dort billiger oder besser. Wenn ich mir meine Ernährung hier in Japan anschaue, ist sie sehr proteinlastig (Fleisch, Fisch, Tofu, Milchprodukte), ich esse hier weniger Gemüse als in Deutschland, aber auch deutlich weniger Zucker.

Nach dem Unterricht schaue ich auf mein Handy und bemerke, dass mich jemand angerufen hat und auch eine Nachricht hinterlassen hat, es ist eine Nummer aus Fukuoka, aber niemand aus meiner Kontaktliste. Weil ich den Umschlag mit der Anleitung für die Simkarte nicht dabei habe, habe ich keine Ahnung, wie ich die Mailbox abhöre, also rufe ich zurück und kriege einen etwas verwirrten Japaner an den Hörer, der mir aber zumindest sagen kann, dass er ein Angestellter der Post in Fukuoka ist und mich an seine Kollegin weiter reicht, die mir erklärt, dass das Paket für El Salvador zurückgeschickt worden ist.

Ich verspreche, direkt zur Postfiliale zu kommen und fahre zurück nach Nishijin. Hahaha, dort wird mir klar, was passiert ist: Die Angestellte der kleinen Post in Akebono hat, weil sie wohl nur „Amerika“ verstanden hat, meine Landesangabe „El Salvador“ auf dem Paket durchgestrichen und „USA“ darüber geschrieben, aber so konnte das Paket mit der San-Salvador-Adresse natürlich nicht verschickt werden. Es ist ihr sehr peinlich, aber für Mittelamerika existiert die gewählte Economy-Versendungsart nicht und ich muss den Aufpreis für Luftpost zahlen.
Als Entschuldigung erhalte ich wohl die seltsamste Geschenkzusammenstellung ever: Klümpchen und Waschpulver für die Waschmaschine.

Danach kümmere ich mich darum, wie ich den zweiten Koffer nach Tokyo kriege und rufe bei der englischen Hotline von Yamato Kuroneko an  – wenn meine Gasteltern so nett sind, den Koffer dem Kurierdienst zu übergeben, wäre das super, dann habe ich sofort beide Gepäckstücke, wenn ich mit dem Shinkansen aus Kyoto ankomme.

Dann kläre ich meine Finanzen (ich führe eine Tabelle mit allen Ausgaben und checke jetzt meine Kontoauszüge für die Kreditkarte und mein Girokonto - uff, ich habe schon fast 600 Euro ausgegeben) und versuche Anna zu helfen, aber die hat inzwischen ihren Flug schon selber gebucht bekommen.

Das Abendessen heute ist üppig: Reste von gestern (Karaage und der leckere Bambus), Misosuppe, Fleisch mit Sojasprossen, Chikuwa (sowas wie Surimi), Hähnchenschenkel.

Meine erste Gastmutter hat mir eine Email geschrieben und ich habe den Fehler gemacht, zu sagen, dass ich ihr dankbar bin, auch weil sie im Vergleich zur jetzigen Familie so viel mit mir unternommen hat – und sie hat das nicht wie beabsichtigt als Lob, sondern als Aufforderung gelesen (verdammich, ich hätte es besser wissen sollen, das kann man als indirekte Beschwerde und Aufruf, tätig zu werden, verstehen) und will jetzt am Wochenende mit mir einen weiteren Ausflug machen. Im darauffolgenden Email-Wechsel versuche ich höflich abzulehnen (sie hat ja gerade das Enkelkind bekommen und ich will nicht, dass sie wegen mir Umstände macht) – wir einigen uns darauf, uns am Sonntag einfach so zu treffen, puh. 

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« Antworten #26 am: 22. März 2018, 21:22:19 »

Fancy, Condra goes japan  icon_mrgreen

Wünsche dir liebe Maria gute Besserung!!!! - und falls iwer dort drüben ganz zufällig noch Platzressourcen hätte und drüber stolpert, ich suche derzeit dried butterfly pea tea blue flowers (Clitoria Ternatea), angeblich kann man damit Stoff färben *g*
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« Antworten #27 am: 23. März 2018, 10:31:01 »

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Das Blau bei Schmetterlingsblütlern ist fast immer ein Anthocyan, das wird auf Stoffen immer grün, egal wie du die vorbehandelst.
*Nerd off*
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« Antworten #28 am: 23. März 2018, 12:05:25 »

Spannend!
Weil hier ist - zumindest die Baumwolle, tatsächlich am ende blau geworden:
http://pflanzenfarben2015.blogspot.de/2016/08/die-blaue-klitorie-sandras-versuch.html
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« Antworten #29 am: 23. März 2018, 14:24:13 »

Ich kann es versuchen zu finden, aber die Tatsache, dass die Teegeschäfte hier noch nicht mal meinen Kawaraketsumei-cha haben oder bestellen können (und das ist eine japanische Pflanze!) macht mich nicht hoffnungsvoll.
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