Fenya
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« am: 31. Dezember 2012, 16:28:06 » |
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Auf seinem Stein am Wegesrand saß er und betrachtete das Netz Anathas, die Pfeife im Mundwinkel, den Krug gefüllt. Viele waren an diesem Abend an ihm vorbei gekommen, hatten gegrüßt und ihn eingeladen, doch der alte Kerl hatte abgelehnt nur gefragt „Sag, was tust du denn heut, Jungchen?“ oder „Na, als eschte Condrianische Frau steht heuer bestimmt noch ein gewaltges Fest an?“ und sie alle waren stehen geblieben, hatten vom letzten Jahr erzählt, und was im nächsten besser laufen sollten. Sie wussten nicht wieso, aber der alte schien vertrauenswürdig… für jeden der vorbei kam legte er ein seltsam geformtes Blatt eines Baums in den Bach und sprach ein Wort für Anatha, um Mitternacht dann lächelte „die ist Eure Nacht, Schwestern, Anatha, lass dein Licht erstrahlen, für einen jeden Waschechten Condrianer!“
Zwei Gestalten sitzen, halb verborgen Schatten des Mondlichts, auf der Dachterrasse der Akademie. Sie sitzen eng beieinander und schauen hinauf zu den Sternen. Einige, ganz wenige Schüler, die ausgerechnet zu dieser Stunde über den Hof wandeln, erblicken sie. „Frohes Neues Jahr“, wünscht Gaerion Triss mit einer gewissen Schwere, und die Magistra schenkt ihm ein bezauberndes Lächeln.
Irgendwo in Condra zündete die kleine Närrin eine einzelne Kerze an, sie stand vor ihrem Wagen im Regen und betrachtete das, was sie von ihrem letzten Kupfer erstanden hatte. „so, Winnifred, ein Brotlaib und etwas Heu, ein wirkliches Festmahl!“ strahlte sie und gab dem Ochsen Heu und den Halben Laib Brot. Als er alles verputzt hatte, kuschelte sich Solnada an ihn während der Regen ihre Kerze löschte „nächstes Jahr wird besser werden, Winnifred!“ sie lächelte – fast glücklich.
Der Blick des Mannes fällt auf den verrinnenden Sand in der Uhr. Wieder ein Jahr…, flucht er innerlich. Ein paar leere Seiten liegen vor ihm. Er versucht sich zu erinnern, was er schreiben wollte. Richtig! Seinen Namen... Wie war er doch…? Irgendetwas mit K… Ka… Kaja? Ein Schmerz streckt ihn zu Boden. Als er den Blick wieder hebt, schaut er in den Spiegel, von wo ihm eine schwarzweiße Fratze entgegenlächelt…
Die Papierberge ragen auf seinem Schreibtisch auf wie die Retekberge in der Ferne. Ob es wohl soweit ist? Irgendwo draußen erschallt Jubel. Es muss das neue Jahr begonnen haben. Für einen kurzen Moment hält Legat Torftal inne, dann schreibt er den Satz auf dem Dokument vor sich fertig, siegelt es und legt es zu den anderen.
In Tharemis, vor dem Anwesen der Familie Sternberg stand Fenya und betrachtete das Haus, welches voller Gäste war. Ihr Vater hatte alle eingeladen die er kannte, ob von den Falken, der Akademie, den Gardisten, Magister oder „normale Condrianer“. Sie lächelte als sie unter den Gästen durch das Fenster Darian erblickte, sie würde ihn wohl von ihrer eigenen Feier entführen müssen, wenn sie ein schönes Neujahr wünschte. Fenya seufzte, sie setzte ihr stählernstes Lächeln auf und öffnete die Tür…
Alles in dem Zimmer ist säuberlich geordnet. Die Papiere, Berichte und Dokumente liegen in Stapeln, systematisch sortiert. Die Bücher sind im Regal aufgereiht, kein Staubkorn beschmutzt mehr die wertvollen Folianten. Eine Uhr schlägt zur zwölften Stunden. Der Mann nimmt die Tasse Tee und prostet sich selbst zu, einsam und allein in dem Zimmer. „Ein frohes neues Jahr, Nestor!“, dann legt er die Beine hoch…
Der Lärm im Bauernhaus ist kaum zu überbieten. Still, in einer Ecke, auf seinem fellbehangenen Sessel, sitzt nur eine Person, die schweigend genießt. Die Reste vom Schnaps glänzen in den wirren Barthaaren an seiner Oberlippe, als sich sein Mund zu einem Lächeln kräuselt. „Jlöcksälisch Noijohr, de Kopp voll Hoor, de Muul voll Zängk – böss an De sielisch Engk!“, wünscht Jupp Steinmeier seiner Familie.
In einem Wald in Condra tanzte ein Irrlicht vor der weißen Elfe im Dunkeln hin und her. Die Schatten der Bäume wirkten durch das unwirkliche Licht fast noch unheimlicher, doch der Elfe reichte es um das Buch zu finden, was sie suchte. Sie legte es auf das Lesepult, und als sie es aufschlug kullerten ihr drei Bilder entgegen. Eins nach dem anderen hob sie auf „Bruder, schon lange hast du dich von mir abgewandt, wähle nicht die Konfrontation… Schwester! Dein Weg ist nun ein anderer, ich hoffe, du wirst glücklich werden…“ beim dritten Bild stockte sie kurz, lächelte „Bald werden wir einander begegnen… bald…“
Der Blick des alten Mannes fällt durch das schiefe Dachfenster zum Mond. Draußen hört man Jubelrufe und Glückwünsche. „Es ist soweit…“, grient er voll böser Vorfreude. „Nimm dies hier und bring es meinen ‚Freunden’ in die Akademie!“ Dann folgt der blinde Blick Grendels der davon eilenden Kreatur. „Das Spiel nähert sich dem Ende. Ein ‚frohes’ neues Jahr! Genießt es… Euer letztes, Ihr Narren…“
Irgendwo in Condra blickte sie auf die leblosen Körper zu ihren Füßen. Nicht nur sie hatte getrocknetes und frisches Blut an sich sondern ihr ganzer Trupp. Missmutig zog Diana den Dolch aus der Leiche und wischte ihn an ihrer Hose ab. Ihr Trupp war beinahe vollständig, dann hörte sie hinter sich Förster und seine Kleine, Diana drehte sich um als er ihr einen Dolch mit einer rot weißen Banderole am Griff entgegen schleuderte. Seit Wochen sah man Diana wieder grinsen, sie ging auf den Mann zu, den die beiden hinter sich her zerrten. „Frohes Neues Jahr!“ Wünschte sie ihm und rammte ihm ihre Faust in den Magen, die anderen hielten ihn fest „Nun erzähl du mir doch mal deine Geschichte…“
In einem Wald nahe einer der großen Städte, viel näher, als sie ahnen, sitzt er und betet. Den Jahreswechsel widmet er dem Gottdrachen Hydracor, so wie er alles in seinem Leben dem Ewigen gewidmet hat. Er hat viel erreicht in diesem Jahr, doch ist der Weg noch weit. Als er sein Gebet beendet hat, legt der Salamander seine Maske wieder an. Ein neues Jahr hat begonnen.
…tief im Herzen der Dunkelheit kauern vier Gestalten in einer leeren düsteren Halle. Wie zu Stein erstarrt sitzen sie da, ihre Augen leer und ausdruckslos. Plötzlich dringt der Klang von Stiefel und eines Stocks durch die Halle. Gedanken werden geflüstert, sinister… verräterisch. Ein Grollen durchzuckt die Stille. Die vier Gestalten erheben sich… Hand, Mund, Auge und Antlitz sind aus ihrem Schlaf erwacht…
In Tharemis betrachtete Randwig sein Werk, er hatte das Haus festlich schmücken lassen in Grüntönen, aber auch in rot und weiß. Viele der geheimen Gesellschaft waren gekommen um mit ihm zu feiern, das Motto: „Mit deinem Held ins neue Jahr“ war ein voller Erfolg. Dort war der Falke, der sich als Magister der Akademie verkleidet hatte, die junge Dame, die als Ratsmitglied gekleidet ihren Weg zur Feier gefunden hatte. Randwig selbst trug ein Kopftuch, das sollte reichen um deutlich zu machen, wen er verehrte. Er wusste Wolf Valentin würde es schaffen alles Unrecht im neuen Jahr zu beseitigen… sein Wolf Valentin. Noch bevor er zu seinen Gästen trat ging er zu einem kleinen Schränkchen wo verschiedene Utensilien lagen und sprach ein Gebet zu jeder Schwester und dem Ewgen selbst: Auf Wolf Valentin!
…in einem fernen Land lässt der Jubel den jungen Mann aufhorchen. ‚Der neue Jahreslauf… SIE zeigt sich dem Volk.’, denkt er. Er versucht zu erinnern, welchem Geist dieses Jahr geweiht ist. Er kann es nicht. Vielleicht hatte der alte Schamane doch Recht? Ein Anderer tritt heran. „Meister Fleyn, wir haben ihre Spur gefunden!“ Für einen Moment zögert der Angesprochene. Dann… „Schickt die Hetzer!“
Der alte Mann schaute wieder auf und blickte auf den Bachlauf, all die Wünsche all die Gedanken, Sorgen und Leid der Condrianer war hinfort getragten worden... er lächelte, nahm einen Schluck aus seiner Flasche und einen tiefen Zug aus der Pfeiffe, schaute sie nicht um, doch sprach er zu denen die ihn vielleicht hören konnten "Und, was hast du in dieser Nacht getan? Was ist deine Geschichte?"
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