Magister Lämmerweide
Akademie
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« am: 01. November 2012, 04:01:20 » |
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Es ist Nacht, tiefe Nacht sogar. Einzelne Wolken glimmen hellblau vor der dunklen Fläche des Himmels und die Türme der Akademie zeichnen sich als schwarze Schatten vor dem leuchtenden Mond ab, als Magister Lämmerweide mit müde, aber zielgerichtetem Schritt durch die Gänge der Akademie wandelt. Er hat eine Reihe Bücher und Unterlagen auf dem Arm, und sein Ziel ist das Büro der Prytana Vita, einer Frau, die in den vergangenen Monaten sicher vieles war, nur eines nicht: regelmäßig im Haus. Dennoch klopft er an, doch natürlich antwortet ihm niemand. Der Magister rollt leicht mit den Augen, drückt dann mit dem Ellbogen, seine Fracht balancierend die Klinke herunter und tritt ein. Immerhin ist nicht abgeschlossen. Es ist ja nicht seine Sache, denkt er sich, was die Prytana die ganze Zeit macht, es wird schon der Akademie dienen. Aber dennoch hat er zu tun. Irgendwer muss den Lehrbetrieb ja aufrecht halten. Irgendwo im Gebäude ertönt Gelächter, gefolgt von schnellen Schritten. Richtig, es ist ja eine der Nächte, an denen die Schüler ihre Späße treiben und glauben, von dem Rest der Akademie nicht entdeckt zu werden. Er stellt, nicht ungeschickt, seine Bücher auf einem der Stühle ab und schlendert, weiterhin in Gedanken, auf die Türe zur Hausleiter-Bibltiohek herüber. Sicher, es ist unhöflich, aber sein Kurs braucht den Textauszug vor der Prüfung, nicht irgendwann. Er tritt heran, drückt auch dort die Klinke und rennt gegen die Türe. Verdattert schaut er auf. Nun gut, hat sie abgeschlossen. Er zückt seine Maultrommel, vergewissert sich, das niemand zuschaut und spielt seine Schlossmelodie, verstaut das Instrument, greift nach der Klinke – und rennt erneut fast in das Holz.
Irritiert tritt der Magister einen Schritt zurück, mustert, was sich ihm dort darbietet. Das Holz er Tür ist verändert, ist uneben, als würden Wurzeln und Äste daraus herausragen. Mehr noch, Ranken, teilweise dick wie sie Handgelenk, sind aus dem Holz der Türe entsprungen und verschwinden in der Zarge, die sie umschließt. Das Metall des Schlosses scheint fast in das Holz eingewachsen und kleine Äste ragen unten heraus und krallen sich in den Boden. Verwundert fährt der Magister mit der Hand über das veränderte Material. Die Türe ist verriegelt, verschlossen, versperrt. Nein, mehr noch, geradezu versiegelt. Er macht noch einen Schritt zurück. Dann noch einen. Und dann macht er auf der Stelle kehrt, um Meldung zu machen. Hinter ihm scheint sich indes eine der Ranken sogar noch tiefer in den Rahmen der Türe zu graben.
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