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"Ich erwarte kein Versprechen, dass ich nicht verletzt werde. Das kannst du gar nicht versprechen." Sanft lächelt Talvi Kaja an und streicht sich mit der freien Hand eine Strähne des Haares aus dem Gesicht.

"Die Welt wird sich weiterdrehen, ob mit uns oder ohne uns. Allerdings haben wir die Chance darauf, sie positiv zu verändern und das möchte ich gern an deiner Seite versuchen."

Ein Lachen legt sich über ihre Züge als er sagt, dass sie beide die Welt in Flammen aufgehen lassen können. "Wir lassen die Welt nicht in Flammen aufgehen...wir sind das Feuer"

Sie will ihn umarmen, aber er ist schneller als er die Phiole holt. Nach seinen Worten nickt sie nur und hält die Hand still.

"Nun denn, eine einzelne Flamme kann dem Feuer wohl nichts anhaben"

Talvis Worte hallen noch einen Moment durch den Raum, bevor wieder Stille herrscht. Erst jetzt scheint Kaja die verletzte Hand zu bemerken, die er vorsichtig betrachtet.
"Niemand von uns kann versprechen, dass wir nicht verletzt werden. Das Leben ist unvorhersehbar, und es wird viele Augenblicke geben, in denen wir einander tragen müssen... Ich weiß auch nicht, ob ich noch stark genug dafür bin. Aber ich möchte es gerne versuchen. Meinst Du, dass das reichen kann?"

Er senkt den Blick einen Moment, bevor er wieder aufsieht, seine Augen wirken nun entschlossener. "Zusammen können wir in dieser Welt bestehen... oder wir lassen sie in Flammen aufgehen..."

Hastig steht Kaja auf und geht zielstrebig auf eine Kommode zu. Nach kurzem Suchen kramt er eine mit Wachs versiegelte Phiole heraus.
"Habe ich Dir eigentlich schon vom Tintenfass erzählt?" Mit diesen Worten bricht er das Siegel und schlagartig liegt ein schwefeliger Geruch in der Luft. Kaja greift vorsichtig Talvis verletzte Hand und hält die Phiole darüber. "Es brennt... im wahrsten Sinne des Wortes. Aber danach ist die Hand wie neu."

Ihre eine Hand sieht dank Schnitt und Verbrennung recht lädiert aus, dennoch legt sie diese in seine Hand als er zu sprechen beginnt. Sie versucht seinen Blick zu fangen und darin zu lesen ob seine Worte mit dem überein stimmen, was er fühlt. Ihre Worte wählt sie mit Bedacht als er mit seinen geendet hat.

"Dora ist eine wundervolle Frau und jemand, dem ich sehr dankbar bin. Sie hat mir eine Chance geboten und damit Hoffnung gesäht in einem sehr dunklen Kapitel meines Lebens."

Sie streicht mit dem Daumen sanft über Kajas Handrücken während sie etwas leiser weiterspricht.

"Aber ich bin nicht wegen ihr hier. Ich bin wegen DIR hier, Kaja. Die letzten Monate habe ich durchgehalten weil ich an dich gedacht habe und die Zukunft, die wir miteinander haben könnten. Jetzt wird es Zeit daran zu arbeiten, dass diese Hoffnung nicht stirbt.  Und... wir haben Zeit."

Sie zögert kurz ehe sie noch ergänzt.

"ich habe nur fürchterliche Angst verletzt zu werden. Ich weiss nicht wie viel ich noch aushalten kann...."

Die Stille zwischen den beiden wird länger und länger. Beide sind in ihren Gedanken vertieft. Irgendwann richtet Kaja seine Augen auf Talvi, voller Unsicherheit. Er spürt, dass etwas in ihr vorgeht.
Schließlich atmet Talvi tief durch und wendet ihren Blick wieder Kaja zu. Ihre Hände fassen einander, als ob sie sich festhalten möchten, um nicht in die Dunkelheit ihrer Gedanken abzurutschen.
"Talvi, ich... es tut mir leid. Ich war in meinen Gedanken gefangen", sagt er leise, die Stimme zittrig. "Ich frage mich nur... ob du... ob wir..." Seine Worte stocken erneut.
"Das ist alles schwer zu verarbeiten. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern, zumindest für keinen akzeptablen Preise. Es war nicht richtig von mir, Dich hierher zu bringen, ohne Dir vorher so vieles zu erzählen. Ich… ich dachte es würde einfacher. Mein ganzen Leben ist von Geheimnissen geprägt. Etwas von mir preiszugeben, die Schattenseiten, kostet mich viel… Wir beide haben nach den Erlebnissen Ruhe und Unbeschwertheit verdient. Das wird mir mehr und mehr klar. Wenn Du möchtest, dann bringe ich Dich zum Nachtwall, zu Dora." Wieder macht Kaja eine Pause, doch bevor Talvi antworten kann, spricht er weiter.
"Oder wir gehen wirklich einen neuen Weg zusammen, mit all dem Ballast, der noch auf uns liegt... und ohne Schweigen"

Sie hört ihm ruhig zu und wird so vom Schmerz in ihrer Hand gut abgelenkt.  Sie scheint gedanklich einer Erinnerung zu folgen ehe sie spricht.

„Am Feuer in Woronin… du hast von einer Freundin erzählt, die du nicht retten konntest und das dies zu den Dingen gehört, die du bereust. Ist das diese Frau?“

Sie schluckt, weil sein Schmerz so greifbar ist, dass sie ihn beinahe körperlich spüren kann. Ihr eigener Schmerz schien dagegen viel geringer zu sein aber Kaja wirkte in diesem Moment einzig wie ein gebrochener Mann. Kurz kommen Zweifel in ihr auf. War das der Grund warum er sich so schnell zu einem Antrag hatte verleiten lassen? Weil ihn sowieso nichts mehr verletzen konnte und die Zukunft für ihn unwichtig war? Ihr Blick gleitet in die Ferne und die hängt diesem Gedanken etwas nach, der ihr ebenso viel Angst macht, wie der Bürgerkrieg aus dem sie geflohen ist. Ihre Stimme versagt als sie noch etwas hinzufügen möchte und stattdessen schweigt sie.

Talvi starrt weiter auf die heiße Asche.

"Das ist mehr ein Ende, das ich schon viel früher bewusst hätte suchen müssen. Nicht ich habe die Zerstörung gebracht, sondern sie." Seine Worte sind leise und von Bedauern durchdrungen.

Talvi spürt den Schmerz in seiner Stimme und wendet ihren Blick von den Flammen ab, um Kaja anzusehen. Seine Augen sind von Trauer erfüllt, und sie kann die Schwere seiner Last förmlich spüren. Kaja seufzt und senkt den Kopf.

"Sie war jemand, von der ich dachte, sie könne eine große Veränderung zum Guten bringen. So jedenfalls habe ich es in einem Traum vor vielen, vielen Jahren gesehen. Und seither immer wieder. Ich dachte, ich könnte ihr helfen, diesen Weg zu gehen. Doch ich habe versagt, Talvi. Ich habe es nicht vermocht, sie zu leiten, und sie wurde von den Flammen der Enttäuschung verzehrt."

Kaja blickt wieder auf das verbrannte Bild und spricht weiter. Die Worte kommen zögerlich, als ob er die Erinnerungen erst wieder sammeln muss.

"Als ihre Enttäuschung und ihr Schmerz zu groß für sie wurden, nahm sie mir den Teil, der voller Zuversicht in die Zukunft blickte. Ach...". Kaja macht ein kurze Pause und lächelt kurz. "Ach, Talvi. Ich wollte mit Freude hier einkehren und unser leben genießen. Und jetzt? Jetzt liegt mehr Last in diesen Mauern als zuvor."

Das brennende Bild schockiert Talvi beinahe etwas und ihr erster Impuls verleitet sie, das Bild aus dem Feuer zu ziehen um es vor den Flammen zu retten. Blöd nur, dass das Feuer heiß ist, weshalb sie ihre Hand mit einem leisen Schmerzzischen zurückzieht.

„Kaja, ich meine damit nicht, dass du deine Vergangenheit und Erinnerungen zerstören sollst. Das würde ich nie verlangen und erst recht nicht wollen.“

Sie bewegt ihre Hand leicht, sodass der Luftzug die angesengte Haut kühlen kann.
Ihr Blick allerdings liegt auf dem Bild, was sie nicht retten konnte.

„Sie war hübsch… möchtest du mir von ihr erzählen?“

Kaja steht vor dem prasselnden Kaminfeuer, in seiner Hand ein gerahmtes Gemälde, das im flackernden Licht tanzt. Die Flammen umspielen die Ränder, als wollten sie die Erinnerung darin verschlingen. Sein Blick ist fest auf das Bild gerichtet, als ob er darin eine besondere Bedeutung sieht.

Talvi betritt das Wohnzimmer und erstarrt. Ihr Atem stockt, als sie den Anblick des brennenden Bildes sieht. Ihr Blick wandert durch den Raum. An der Wand entdeckt sie ein neues Bild. Darauf ist Kaja zu sehen, umgeben von drei weiteren Personen - ein Mann und zwei Frauen, alle in ähnlichem Alter. Es wirkte wie ein Familiengemälde, eine Idylle vergangener Zeiten.

Langsam drehe sich Kaja zu Talvi um. Ein sanftes Lächeln liegt auf seinen Lippen, ein Lächeln voller Melancholie und doch auch Zufriedenheit. "Eine letzte Liebe noch", hauchte er.

Talvi tritt näher an Kaja heran, die Wärme des Feuers auf ihrer Haut spürend. Ein fragender Blick liegt auf ihrem Gesicht.

Kaja senkt den Blick auf das brennende Bild. "Du hast recht. Es ist Zeit, loszulassen, Talvi. Ich muss Raum für die Zukunft schaffen."

Die Worte hallen in der Stille wider, während das Bild langsam zu Asche zerfällt.

Gemeinsam betrachten sie das Gemälde an der Wand. Die Menschen darauf strahlen eine tiefe Verbundenheit aus, eine Liebe, die die Zeit überdauert. Es ist klar, dass sie einst eine bedeutsame Rolle im Leben von Kaja gespielt haben.

Wieder lächelt Kaja Talvi an, dieses Mal mit einer Spur von Dankbarkeit.

Talvi schüttelt leicht den Kopf bei seinen Worten und erhebt sich mit zusammengehaltenen Rockschoß, damit die Scherben nicht rausfallen. „ich verdiene keine unbeschwerte Zukunft. Was ich verdiene ist auch egal. Aber ich kann dir sagen was ich möchte. Ich möchte, dass du mit mir reden kannst, wann immer du Worte aussprechen möchtest. Dass du mit mir deine Gedanken teilst - vielleicht nicht alle aber viele. Dass deine Ängste auch meine sind und wir ihnen gemeinsam entgegen treten können.“ Ein melancholischer Ausdruck legt sich auf ihr Gesicht. Ihr Finger blutet noch immer leicht und beschmutzt ihren Rock, der aber schon mehr Blut gesehen hat, als sie zu zählen vermag.

„Wir sind beide nicht mehr jung und unbeschwert. Wir haben eine Vergangenheit und in dieser Vergangenheit gab es Liebe, Verlust, Freude, Schmerz, Verbitterung und Trauer. Und es gab die erste Liebe. Vielleicht auch die zweite…“ sie stoppt kurz und ein trauriges Lächeln umspielt ihre Lippen.

„ und noch etwas möchte ich. Und dafür bin ich bereit zu kämpfen. Du bist nicht meine erste Liebe, Kaja, aber es wäre mein Wunsch, dass du meine Letzte bist. Verstecke nichts vor mir, lass mich Teil deines Lebens sein. Dazu gehören die Schattenseiten genauso. Das sagt schon dein Zuname.“

Sie nickt ihm leicht zu und wieder scheint sie sich von ihm zu entfernen, damit sie ihn nicht bedrängt. Ihre
Schritte führen sie weg von ihm und in die Küche um sich der aufgesammelten Scherben zu entledigen.

Erschöpft blickt Kaja auf die Wand über dem Kamin. Als Talvi seinen Blick verfolgt, bemerkt sie einige Stellen, die weniger vom Ruß geschwärzt sind. Es sieht aus, als hätte dort etwas gehangen und die Mauer vor dem Rauch geschützt. "Es gibt so viele Geschichten. So viele Wunden, die Narben hinterlassen haben. Offene und tief verborgene... Schon in den wenigen Wochen, die uns vergönnt waren, habe ich eine tiefe Verbundenheit und ein großes Verständnis gespürt. Doch ich kann meine Last nicht auf deine Schultern legen. Du verdienst eine unbeschwerte Zukunft." Mit diesen Worten sieht Kaja wieder zu Talvi.

Nach einer kurzen Pause fährt er fort. "Erinnerst du dich an das, was ich dir über Hoffnung geschrieben habe? Es gab eine Zeit, da war großer Glaube in mir. Und damit auch Hoffnung. Jetzt ist da nur noch... ich weiß nicht, was es ist."

Kaja nimmt den Rest des Spiegels und wiegt ihn in seiner Hand. "Dass wir dem Eiszapfen nicht gefallen..."