Psychopapst
Saltatio Mitglied
Troll
 
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« Antworten #1 am: 02. Oktober 2015, 15:47:12 » |
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Hier die Details aus den Aachener Nachrichten:
Zu verkaufen: Prinzessin, Rentier und Co.
Das Theater Aachen räumt seinen Fundus und verkauft mehr als 2000 Kostüme, Masken und Perücken. Auch die Ballettabteilung wird aufgelöst.
Von Thomas Vogel
Aachen. Es sollte jener gut zu Fuß sein, der die Werkstätten des Aachener Theaters im Mörgens erkunden möchte. Vorbei an hämmernden und sägenden Bühnenbildnern, zwei Stockwerke einer Treppe folgend hinauf, einen bald schon historischen Lastenaufzug umkreisend, vorbei an einigen Büros, durch die Schneiderei und in den Kostümfundus – um dort endgültig von den Dimensionen überrascht zu werden. Endlos scheinende Reihen voller Gewänder, zwei, drei Stockwerke hoch. Mal wundersam, wunderschön oder scheinbar willkürlich, aber immer kunstvoll zusammengeschneidert. Hunderte Gummistiefel flankieren die Kleidungsstücke in der Halle. „Es ist zu viel“, stellt Renate Schwietert fest. Nicht verzweifelt klingen die Worte, die die Leiterin der Kostümabteilung wählt, sondern einsichtig. Und schiebt hinterher: „Wir müssen jetzt einfach einen Teil hergeben.“
Das Theater verkauft Stücke aus seinem Kostümfundus. 30 Garderobenstangen, jede im Schnitt mit 70 Kostümen behangen, stehen zum stöbern bereit. Mehr als 2000 Teile. Schwietert rechnet am Samstag – der Verkauf startet um 14 Uhr – mit großem Andrang. Schließlich ist es nicht einfach, gute Kostüme für Mottopartys, Halloween oder die bevorstehende Karnevalssession zu finden. Was in der Hubertusstraße die Hände wechselt, ist fast immer von ausgebildeten Schneiderinnen in Handarbeit gefertigt worden. Dazu kommt die Geschichte. Jedes Stück ist auf der Bühne getragen worden und zum Teil – weil etwa gleich ein ganzer Chor eingekleidet werden musste – mehrfach vorhanden.
Hinter dem ersten Raum mit Kostümen taucht ein weiterer auf. Glitzernd-glänzend spiegeln sich Lichter in Pailletten, die ein Kleid mitten auf dem Gang tausendfach besetzen. Nicht billig – das kann man förmlich sehen. Im Bezug auf die Herstellungskosten auch vollkommen korrekt. Renate Schwietert will mit dem Verkauf der Kostüme aber nicht vorrangig den Etat des Hauses aufstocken, sondern Platz schaffen. Deshalb beginnen die Preise bei einem Euro und steigen nur in Einzelfällen über 50 Euro. „Natürlich muss man sagen: Diese Kostüme haben eine Geschichte hinter sich.“ Eine Geschichte, die mehr oder weniger heftig ausgefallen sein kann.
Eine Garderobe, die in einem beliebten Stück zum Einsatz gekommen ist, könnte 30 oder 40 Mal auf der Bühne getragen worden sein. Und: „Die Aktionen auf der Bühne sind anders, als im normalen Leben. Ein Kostüm, das aussehen soll wie ein Ballkleid, muss trotzdem zum Beispiel eine Blutschlacht auf der Bühne überstehen können und man muss darin einen Salto machen können.“ Um es gleich anzuhängen: Jedes Kostüm ist gereinigt worden, bevor es auf die Kleiderstange gewandert ist. „Niemand wird ein Kostüm kaufen, in dem der Schweiß von vielen, vielen Auftritten steckt.“
Schwarz kaufen, lila schneidern
Bei den Preisen, die die Mitarbeiter des Theaters aufrufen, lohnt sich selbst der Kauf nur wegen des Materials. Erfahrungswerte, erklärt Schwietert: „Wir hatten Käufer, die haben gesagt: ‚In diesem Cape sind drei Meter Stoff verarbeitet und das Cape kostet mich fünf Euro. Das nehm' ich doch einfach mit.‘“ Und dann wird aus dem Stoff im Zweifel wieder etwas ganz neues, ungeachtet der Arbeitszeit, die in einem Kostüm vielleicht steckt. Wie lange es einmal gedauert hat, bis ein Kostüm fertig für den Bühneneinsatz war – eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Wenn der Kostümbildner für ein Stück wünscht, dass die Darsteller wie Menschen auf der Straße aussehen, dann wird die Kleidung gekauft, anstatt sie zu schneidern. „Soll ein Schauspieler einen schwarzen Anzug tragen, der aussehen soll wie aus dem Laden, kaufen wir den auch im Laden. Soll der Anzug aber aus violettem Samt sein, dann müssen wir ihn fertigen.“ Wenn die ausgebildeten Schneiderinnen aber zum Einsatz kommen, entstehen immer absolute Maßanfertigungen.
„Es fällt schwer, sich von einigen Dingen zu trennen“, gibt Schwietert zu. Umhänge, Kleider im Stil des 19. Jahrhunderts oder Uniformen – viel von dem, was hier hängt, ist bereits seit Jahrzehnten im Haus. An vielen Teilen hängen Erinnerungen. Wie an einem zotteligen weißgrauen Anzug etwa, der aus dem Kinderstück „Die Schneekönigin“ stammt – Rentier Valentin, seinerzeit gespielt von Karsten Meyer. Auch die Blumenfrau, „ein wunderschönes und aufwendiges Kostüm aus der Schneekönigin“, erinnert Schwietert an die erfolgreiche Produktion. „Trotzdem“, sagt sie, „es nützt nichts. Wir brauchen Platz.“
Neben dem Verkauf Führungen im Programm
Der Kostümverkauf findet am Samstag, 3. Oktober, von 14 bis 18 Uhr im Mörgens, Hubertusstraße 2-8, statt.
Besucher können durch 30 volle Garderobenständer, jeder im Schnitt mit 70 Teilen bestückt, stöbern. Außerdem wird die Maskenabteilung Perücken und Masken anbieten.
Neben dem Verkauf werden Führungen angeboten: durch Kostümabteilung, Malersaal, Schreinerei, Schlosserei und Kaschierabteilung.
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