Sehr langsam erhebt sich die Sonne über den Horizont und lässt Tharemis in glänzenden Licht erstrahlen. Der Frost hat einen dichten weißen Schleier über die Stadt gelegt und der Atem steigt in kleinen Wolken aus den Mündern der wenigen Einwohner die bereits jetzt in den Straßen unterwegs sind. Nur in der Bäckerrei Wolfslauf und in der Akademie scheint bereits reges Treiben zu herrschen. Trotz des Frostes habe sich viele Schüler früh morgens aus den Betten erhoben und harren nun am Rande des Kampfplatzes aus und reiben sich die kalten Finger. Ungeduldig schauen sie umher und scheinen auf etwas zu warten. Die wenigen glücklichen, deren Fenster zum Übungsplatz hinaus geht, stehen dicht gedrängt hinter dem trüben Glas.
Als die Sonne hoch genug steigt um Licht auf den Übungsplatz zu werfen, kommt Bewegung in die Reihen der Schüler. Aufgeregtes Gemurmel ist zu hören und hier und dort rennt immer wieder der ein oder andere in das Akademiegebäude. Dann ist etwas zu hören. Erst leise dann immer deutlicher. Schwere metallene Schritte klirren auf dem steinernden Boden des Akademiegebäudes und aus den Türen treten eine nicht enden wollende Anzahl an Gardisten, welche sich auf dem Platz aufstellen. Ihre Kleidung ist tadellos und ihre Rüstung scheint frisch poliert worden zu sein, während sie in mehreren Reihen auf dem Platz antreten. Einige Schüler schauen mit offenen Mündern durch die Reihen und die Masse an blinkenden Rüstungen und Schwertern, welche nun völlig ruhig verharren.
Nachdem der Letzte Gardist seinen Platz eingenommen hat, herrscht stille. Keiner der Wächter der Acht regt sich. Sie alle scheinen zu warten. Dann erklingt erneut der klang schwerer Stiefel. Diesmal jedoch langsamer. Beinah erhaben tritt eine Gestalt auf den Platz. Ihre Rüstung blitzt in der Sonne und auf der Brustplatte ist eine goldene Lyra eingraviert. Auf dem Kopf sitzt ein schwarzes Barett in dem selben Stoff wie die Gardistenscherpe, welche den hoch gewachsenen Körper umschließt. Ruhig und zufrieden lässt er seinen Blick über die Gardisten gleiten und lächelt kurz ehe er laut ausruft:
"Wer seit ihr?"
Wie aus einer Stimmer erklingt die Antwort der Gardisten. Und für einen kurzen Augenblick scheint ganz Tharemis zu schweigen, während diese ihren Schwur erneuern.
Ich bin ein Gardist.
Ich bin ein Führer, Wächter und Kamerad.
Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem Konzil der Cantuis Harmoniae und seinen rechtmäßigen Nachfolgern, und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben für sie hinzugeben.
Ich übernehme in zweiter Instanz dieselbe Verpflichtung gegenüber dem Kollegium der Magister und in dritter Instanz aller anderen Mitgliedern der Academia Cantus Harmoniae gemäß ihrem Rang. Ich verspreche überdies dem Herrn Hauptmann und meinen übrigen Vorgesetzten Achtung, Treue und Gehorsam.
Ich schwöre, alles das zu beobachten, was die Ehre meines Standes von mir verlangt. Ich werde meine Kraft und meine Waffe dem Schutz widmen, nicht der Zerstörung. Sollte ich einen Weg sehen, Hader ohne Gewalt zu lösen, so werde ich ihn gehen.
Ich gelobe meinen Dienst mit Stolz und Disziplin zu erfüllen und meine Ausrüstung und mich selbst stets einsatzbereit zu halten. Ich werde alles tun um meine Mission und meine Befehle zu erfüllen, solange sie nicht wider der Statuten und Prinzipien der Academia Cantus Harmoniae und deren Garde verstößt!"