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Autor Thema: Der stumme Marsch  (Gelesen 736 mal)
Anonymous
Gast
« am: 22. Januar 2004, 02:16:07 »

Die fernen Lichter hatten schon vor Stunden von ihrer Ankunft gekündet. Erst waren es nur wenige gewesen, die am abendroten Horizont aufgetaucht waren. Dann mit dem ersten Schnee der Nacht waren es viele geworden. Dutzende, vielleicht Hunderte, die in langem Marsch auf die Mauern der Stadt zuhielten. Zuerst ereichte die bewaffnete Vorhut die Tore. Den Männern, die den harten Winter über Jahre gewohnt waren, war anzusehen, dass etwas auf ihren Herzen lag, das grimmer war als Frost und kälter als  Schnee.

Dann kamen die Flüchtlinge.

Karren, die unter der Last ächzten, Tiere, die vom langen Weg durch teils hüfthohen Schnee kurz vor dem Zusammenbruch standen, Stiefel schleppten sich durchs Tor, die nie dafür gemacht worden waren, diesen Weg zu gehen. Die Blicke waren leer und ausgezehrt. nur ganz ganz tief glomm noch etwas in ihnen. Doch da, wo Freude sein sollte über das Ende der Reise, war nur Schmerz. Kein Haupt durchquerte aufrecht die Straßen, zu groß war die Trauer, die sie mit sich trugen.
Die ersten Wagen rumpelten in die Stadt. Doch sie trugen weder die Habe der Menschen, noch Vorräte.

Die Wachen auf den Mauern blickten voller Entsetzen auf die Fracht des ersten Wagens, des zweiten und schließlich des dritten. Einhundert-achtundneunzig Menschen waren vor nunmehr 14 Tagen aus Tileam  aufgebrochen, dem Winter zum Trotze. Und Einhundertachtundneunzig waren nun in Tharemis angekommen. Niemand war zurückgelassen worden. Weder die Alten, für die die Kälte das Letzte war, was sie spürten, noch die Kinder, deren tote Körper auf dem letzten Karren ruhten.

Insgesamt waren es 37,für die der Weg zu schwer geworden war und die nun nur noch in bitterer Erinnerung lebten. Keine Familie war frei von dieser Geißel. Eine jede hatte Blutzoll entrichten müssen auf dem langen Weg.

Die Glocken im Tempel begannen zu schlagen als sich die Tore der Stadt schlossen. Die Männer auf den Mauern wandten den Blick ab von der düsteren Prozession und blickten wieder hinaus in die Nacht, Richtung Norden, wo der grausame Fürst, der Winter, herrschte...
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